Sprache muss verstanden werden – von ALLEN Menschen!

Ihre Tätigkeit ist anspruchsvoll, erfordert beste Ausbildung und macht Sprache ein Stück barrierefreier: Die Schriftdolmetscher:innen des Landes sorgen nicht nur für die Verschriftlichung der gesprochenen Sprache für hörbeeinträchtigte Menschen. Immer mehr werden, in Zeiten der intensiven Smartphone-Nutzung, Untertitelungen von Videos oder Filmen nachgefragt. Die Innsbrucker Expertin Agnes Tauscher gibt Einblicke in die spannende Arbeitswelt der Schriftdolmetscher:innen. Zum Beispiel welche Hochleistungen bei den Innsbrucker Gemeinderatssitzungen erbracht werden müssen, damit die Reden, Anträge und Diskussionen in Schriftform und Echtzeit über den Bildschirm flimmern.

2020 gründete Agnes Tauscher ihr Unternehmen „sprach·barriere·frei“ in der Tiroler Landeshauptstadt. Sie wollte einfach ihre vielfältigen Sprachkenntnisse, die erlernten praktischen Fertigkeiten und die beruflichen Erfahrungen im Sinne von Inklusion und Barrierefreiheit sinnvoll nutzen. Seitdem arbeitet sie mit und für Partner:innen wie dem Land Tirol, der Stadt Innsbruck, dem Sozialministeriumservice, den Tirol Kliniken, diversen Veranstaltern und vielen anderen.

 

Die Sprache folgte der Leidenschaft für Kultur und Menschen

Die 1982 geborene Philologin entfachte bereits in Jugendjahren ihr Interesse für slawische Sprachen und Kulturen. Ob als Austauschschülerin in Lettland (Riga), bei ihrer ehrenamtlichen Arbeit im Rahmen des Europäischen Freiwilligendienstes in der Altenpflege in Wolgograd oder später bei ihrem Studium in Jakutsk (jeweils Russland) – die Kultur in Osteuropa begeisterte und prägte Agnes.

„Ich entdeckte zuvor das Land und die Menschen, erst später erlernte ich die Sprache dann auch formal auf der Uni. Das Kennen der Denkweise und Lebensgewohnheiten osteuropäischer Länder ist ein großer Vorteil für meine Tätigkeit als Dolmetscherin“, erklärt Agnes Tauscher.

Nach ihrem Slawistik-Studium spricht sie heute russisch sowie bosnisch-kroatisch-serbisch in Perfektion. Diese Kenntnisse bringt sie auch bei ihrer „Nebenbeschäftigung“ im Bereich der Internationalen Dienste als Koordinatorin des Osteuropazentrums der Universität Innsbruck ein.

 

Kräfteraubender Einsatz im Innsbrucker Gemeinderat

Die Leistungen der Schriftdolmetscher:innen werden immer sichtbarer. Live-Übertragungen von Nationalrats- oder Landtagssitzungen sind problemlos ohne Ton zu verfolgen, da eine Untertitelung geboten wird. Auch im Innsbrucker Gemeinderat gibt es dieses Service seit 2020. Agnes Tauscher setzt dieses herausfordernde Projekt regelmäßig gemeinsam mit zwei Kolleg:innen um. Welche Hochleistungen hinter den Kulissen erbracht werden, damit die Reden, Anträge und Diskussionen in Schriftform und Echtzeit über den Bildschirm flimmern, bleibt vielen verborgen.

Einfach erklärt: Zwei Schriftdolmetscher:innen sitzen in einer Dolmetschkabine und sprechen jedes gesagte Wort samt Angabe wer spricht, dem Applaus oder auch Zwischenrufen in eine sogenannte Sprechmaske nach. Selbst Satzzeichen müssen diktiert werden. Zeitgleich korrigiert ein/e weitere Kolleg:in jedes geschriebene Wort und koordiniert die technische Einbettung in den Live-Stream mit dem Team des Innsbrucker Magistrats. Diese Arbeiten sind dermaßen aufwändig und kräfteraubend, dass sich das 3er Team im 15 Minuten Rhythmus abwechseln muss.

 

Junge Menschen stehen auf „Untertitel“

Eine steigende Nachfrage ortet die Innsbrucker Sprachexpertin bei der Untertitelung von Videos oder Filmen.

„Es geht nicht ausschließlich um fremdsprachige Inhalte, sondern vielmehr um Barrierefreiheit. Immer mehr junge Menschen nutzen die Funktion von automatischen Untertiteln zum Mitlesen oder Audiodeskriptionen zum Mithören. Gerade bei Online-Veranstaltungen oder Social Media Spots sind Untertitelungen hilfreich“, weiß Agnes Tauscher.

Darüber hinaus gibt es ein wachsendes Bewusstsein für die Übersetzung komplexer – meist fachlicher – Inhalte in einfache Sprache. Auch die Unterstützung privater Personen bei Behördengängen gehört zu ihrem Leistungsportfolio.

„Ich begleite etwa schwerhörige und gehörlose Menschen bei Gerichtsverhandlungen. Meine Arbeit ist wichtig und das macht mir gleichzeitig enorm Spaß“, informiert Tauscher.

 

Gebärden- und Schriftdolmetschen sollte selbstverständlich sein!

Optimierungen sieht die Schriftdolmetscherin in der Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen. So sind im digitalen Bereich zum Beispiel viele Websites nicht barrierefrei zugänglich. Oder bei Veranstaltungen werden Gebärden- und Schriftdolmetscher:innen nicht von vornherein eingeplant, sondern erst quasi auf „Zuruf“ engagiert.

„Eigentlich sollten diese Unterstützungsleistungen längst selbstverständlich sein und auch entsprechend finanziell abgegolten werden“, fordert Agnes Tauscher.

Ein besonderes Anliegen ist der Bildungsbereich für Tauscher: „Unterstützungsleistungen wie Gebärdensprach- und Schriftdolmetschen für anspruchsberechtigte Personen im Pflichtschul-, aber gerade auch im Hochschulbereich brauchen eine Finanzierung.“

 

Factbox: MMag. Agnes Tauscher

  • Unternehmerin „sprach·barriere·frei“ seit 2020 https://sprachbarrierefrei.com/
  • Mitglied im WK Berufsgruppenausschuss der Sprachdienstleister seit 2021
  • Mitglied im Vorstand des Österreichischen Schriftdolmetscher:innen-Verbandes (ÖSDV) seit 2021 (oesdv.at)
  • Koordinatorin des Osteuropazentrums der Universität Innsbruck

Ausbildung:

  • Studium Slawistik an den Universitäten Innsbruck und Jakutsk (Russland)
  • Schwerpunkt in Fachdidaktik Russisch
  • Lehrgang zur zertifizierten Schriftdolmetscherin, BFI Innsbruck

Arbeitssprachen:

  • Deutsch, Englisch, Russisch, Bosnisch-Kroatisch-Serbisch

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